Wärme- und Verkehrswende: Deshalb droht in der Ampel jetzt richtig Zoff

Bei einem Koalitionsgipfel am Sonntag wollen die Ampelparteien gleich mehrere Streitpunkte aus dem Weg räumen. Doch die Positionen sind verhärtet.
Er hoffe, “dass wir jetzt in dieser Woche viele Knoten lösen und viele Blockaden überwinden können”. Worauf er dabei anspielt: Für Sonntag hat die Ampel einen Koalitionsausschuss angesetzt, bei dem die Parteien Kompromisse finden wollen. Dort wird es vermutlich um zwei große Streitthemen gehen:
Erstens: Die Verkehrswende
Mit Blick auf die Verkehrsstrategie gehen die Meinungen vor allem bei FDP und Grünen auseinander. Generell sieht der Bundesverkehrswegeplan 2030 vor, das sogenannte Gesamtnetz mit 270 Milliarden Euro zu stärken. Konkret heißt das: Mit dem Geld will die Regierung dafür sorgen, dass es weniger Staus auf den Bundesfernstraßen, mehr Kapazität im Personen- und Güterverkehr auf den Schienen und wirtschaftlichere Transportmöglichkeiten auf den Wasserstraßen des Bundes gibt.
Das Problem: “Beim beschleunigten Ausbau konkurrieren Schiene und Straße um ein und dieselben Fachkräfte”, sagt etwa Dirk Flege, Chef der Allianz pro Schiene. Wo der Bedarf nun am größten ist, sorgt für Diskussionen.
FDP will Autobahnen, Grüne wollen Schienen bauen
FDP-Verkehrsminister Volker Wissing will, dass neben neuen Bahnstrecken und Brücken auch Autobahnen schneller gebaut werden. Die Grünen lehnen das ab. Ihr Fokus liegt auf Schienen und Stromnetzen. Die Argumentation: Der Koalitionsvertrag regele, wo Planungen beschleunigt werden sollten, sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. “Und das sind Schienen, das sind Brücken, und das ist der Netzausbau.”
Dröge argumentierte, wenn man in Deutschland wirklich Projekte beschleunigen wolle, müsse man Prioritäten setzen. “Das heißt, man muss Geld und Ressourcen, das heißt Personal, auch da bündeln, wo es gebraucht wird.” Mit der Sanierung von Autobahnen würde man wichtiges Personal binden, sagte Dröge. “Und am Ende führt das dann zu einem Planungsstau in Deutschland. Und diesen Planungsstau, den wollen wir als Grüne nicht verantworten.”
SPD: “Engpass-Liste” muss sich verkleinern
Die SPD pocht auf einen Kompromiss: Fraktionsvize Detlef Müller sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass es etwa bei wichtigen Schienenverkehrsprojekten einen Konsens zur Planungsbeschleunigung gebe. “Nicht geklärt sind die Bereiche Straße und Schifffahrt. Für die SPD-Fraktion gibt es auch in diesen Bereichen Projekte, die von überragender Bedeutung sind, weil sie an neuralgischen Punkten der jeweiligen Verkehrswege für entscheidende Verbesserungen sorgen.”
Dafür habe die SPD Kriterien vorgeschlagen, anhand derer sich die “Engpass-Liste” der Autobahnprojekte verkleinern ließe, so Müller. “Den zusätzlichen Effekt einer Planungsbeschleunigung für Projekte im überragenden öffentlichen Interesse sollten wir für diejenigen Straßenbauvorhaben reservieren, die tatsächlich einen sehr großen Nutzen haben. Wenn wir uns hierauf konzentrieren, werden wir im Koalitionsausschuss zu einer gemeinsamen Position kommen.”
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Greenpeace warnt vor vervielfachten Kosten
Aus der FDP-Führung hieß es, Bundesverkehrsminister Volker Wissing habe schon vor Wochen eine Liste von 144 Projekten vorgelegt, die exakt der Definition der SPD entsprächen. Müllers Äußerung wurde dort als Unterstützung für Wissing gewertet, die somit ein Signal an die Grünen sei, nun einzulenken und den Weg für eine Gesamtverständigung freizumachen. “Nur die komplette Verweigerung der Grünen bei den Straßen steht einer Lösung des Entscheidungsstaus bislang entgegen”, zitiert die Nachrichtenagentur dpa die Parteiführung.
Nicht gerade in die Karten spielt der FDP in der Debatte nun eine Studie, die Greenpeace am Donnerstag veröffentlicht hat: Demnach droht der Neu- und Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen dreimal so teuer zu werden, wie von Wissings Ministerium ursprünglich kalkuliert. Statt der ursprünglich kalkulierten 50,9 Milliarden wird der Bau von den ursprünglich 800 Straßenprojekten mit höchster Priorität bis 2035 insgesamt 153 Milliarden Euro kosten, heißt es in der Analyse.
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